Die professionelle Klauenpflege ist ein sehr weiter Bereich, der sich ständig weiterentwickelt. Durch Fortbildung und Verbandsarbeit bleiben wir auf
dem Laufenden und können Ihnen auf Wunsch die neuesten Entwicklungen und Neuerungen vorstellen.
(Nachfolgende Beschreibung wurde von W. Sekul von der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt Aulendorf dankbar übernommen)
Belastungsverhältnisse an der Klaue
Eine Ursache von Druckschäden und Rusterholz’schem Klauengeschwürs ist die Überlastung der äußeren Klauenhälfte. Bei der schlecht bzw. falsch
gepflegten Klaue steht die Kuh vor allem auf der äußeren Klauenhälfte (beim Vorderfuß auf der inneren Klauenhälfte). Eine dauerhafte Überlastung im Stehen, die sich beim Laufen durch das Abrollen
über die Außenklaue noch verstärkt ist die Folge.
Feuchte Bodenverhältnisse im Laufstall führen zu ungünstig geformten Klauen, die zwar in der Regel nicht übermäßig lang erscheinen, deren Tragrand aber abgerundet und zurückgedrängt ist. Durch eine überhöhte Sohlenfläche und vor allem eine fehlende Hohlkehlung lastet dabei ein Großteil des Körpergewichtes der Kuh auf der Klauensohle und deren Übergang zum Ballen. Dies führt zu einer unphysiologisch Belastung des innere Sohlenbereichs, der den Druck durch das Klauenbein nicht auf den Tragrand ableiten kann. Folglich kommt es zu Quetschungen der Lederhaut und der nachfolgend zur Ausbildung eines Klauensohlengeschwüres.
Arbeitsablauf der Funktionellen Klauenpflege
Bei der Funktionellen Klauenpflege werden alle Klauen der Kuh gleich behandelt, d.h. -Klauenmaße und Winkelung werden nicht nach Vorder- und
Hinterklauen unterschieden. Am Beispiel einer hinteren Klaue wird nachfolgend der Arbeitsablauf dargestellt.
Beurteilung der Klauen:
Zu Beginn der Arbeit an der Kuh wird die Länge der Klaue und ihre Form an der sauberen Klaue sowie die Bein- und Klauenstellung beurteilt. Bei der
normalen Klaue sollte die Vorderwandlänge zwischen Klauenspitze und Kronsaum 7,5 cm (Fleckvieh, Braunvieh, Schwarzbunt, Rotbunt) betragen. Ist diese überschritten, so sollte die Klaue gekürzt
werden. Sind die Klauen dagegen kürzer so ist der Schnitt unbedingt zu unterlassen, und die Pflege auf das Anlegen der Hohlkehlung und Behandeln erkrankter Bereiche zu beschränken.
Ist die Klaue mit ca. 50 - 60° gewinkelt und die Klauenwand gleichmäßig gewachsen, so handelt es sich um eine gesunde Klaue. Leicht durchtrittige
Klauen werden durch die Funktionelle Klauenpflege korrigiert. Ein ungleichmäßiger Wuchs mit dünner Klauenspitze und Reheringen an der Klauenwand ist in der Regel durch eine nicht
wiederkäuergerechte Fütterung verursacht und kann durch einen Klauenschnitt nicht behoben werden.
Herrichten der Innenklaue:
Die Innenklaue bleibt meist in ihrer Größe deutlich hinter der Außenklaue zurück. Darüber hinaus erweist sie sich im Normalfall als die gesündere
Klauenhälfte. Daher lässt sie sich leichter in ihre Idealform bringen und kann somit als Vorlage für die Außenklaue dienen.
Im rechten Winkel zur Sohle ist die Klaue auf eine Vorderwandlänge von 7,5 cm einzukürzen. Dies kann entweder mit der Klauenzange oder aber mit dem
Winkelschleifer erfolgen. Es ist dabei darauf zu achten, dass diese Länge keinesfalls unterschritten wird, da dies die Gefahr einer langwierigen Klauenverletzung birgt.
Nach dem Einkürzen der Klaue erfolgt das Abtragen überschüssigen Sohlenhornes. Der Schnitt sollte im Winkel von ca. 50 - 60° zur Vorderwand vorgenommen
werden. Sollte hierbei kein Ballenhorn abgetragen werden, so ist ohne Belang sondern trägt eher zur Erhöhung der Trachten bei. Die Sohle wird so abgetragen, dass die Aufstandsfläche eben
ist.
Beim Abtragen des Sohlenhorns ist darauf zu achten das die Sohle nicht unter 4 - 5 mm Dicke geschnitten wird. Andernfalls verliert die Verbindung
zwischen Sohle und Tragrand an Halt, wodurch es zu Wandablösungen und einem Durchbrechen des Klauenbeins an der Klauenspitze kommen kann. Ein Zurückschneiden über die genannten Klauenmaße hinaus
sollte auch unterbleiben, da sonst die erwünschte Entlastung der Außenklaue nicht möglich ist.
Anpassen der Außenklaue:
Nachdem die Innenklaue in ihre bestmögliche Form gebracht wurde, wird die Außenklaue an diese angepasst. Wie bereits bei der Innenklaue beschrieben
sind die optimalen Funktionsmasse zu berücksichtigen, d.h. die Vorderwandlänge sollte 7,5 cm und die Sohlendicke 4 - 5 mm betragen.
Nachdem diese Maße hergestellt sind, müssen beide Klauenhälften die gleiche Höhe haben und eine ebene Aufstandsfläche bilden.
Anlegen der Hohlkehlung:
Aus der ebenen Sohlenfläche wird nun die Hohlkehlung heraus gearbeitet. Hierdurch erfolgt eine Druckentlastung des seitlichen Sohlenbereiches. Die
Hohlkehlung sollte so grosszügig angelegt sein, dass die typische Stelle des Rusterholz’schen Klauengeschwüres (Übergang zwischen Sohle und Ballen) mit erfaßt wird. Zur Klauenspitze hin darf die
Hohlkehlung maximal bis an den Beginn der Weissen Linie ausgedehnt werden, so das der Tragrand im Bereich der Klauenspitze dabei nicht mit abgetragen oder abgeschrägt wird. Ein Entfernen des
inneren Tragrandes würde die Klaue nach innen abkippen lassen und somit entstünde eine Spreizklaue. Wenn das Klauenhorn am tiefsten Punkt der Hohlkehlung elastisch wird, ist deren optimale Tiefe
erreicht. Weitere Schnitte beschädigen unweigerlich die Lederhaut.
Während zum Abtragen vor allem von härterem Sohlenhorn der Winkelschleifer geeignet ist, kann die Hohlkehlung schneller und sauberer mit dem Rinnmesser
heraus gearbeitet werden.
Entlasten von Druckstellen:
Die Klaue sollte nun von ihrer Länge und Ausformung den Erfordernissen ihrer mechanischen Belastung entsprechen, sodass nun vorhandene
Druckschädigungen entlastet werden können. An hellen, unpigmentierten Klauen, die mit dem Rinnmesser geschnitten wurden, sind diese gut an ihrer rötlichen Hornverfärbung zu erkennen. Durch ein
geringfügiges Abtragen des Horns kann die Heilung von Druckschäden beschleunigt werden.
Bei grob geschliffenen Hornoberflächen (Hartmetallschleifscheiben) oder Braunviehklauen sind Farbveränderungen durch Druckschäden oder Klauenrehe nicht
zu erkennen. Daher ist unter diesen Bedingungen keine weitere Behandlung möglich.
Entfernen von losem Horn und Fäulnis:
Sollte sich nun an der Klaue noch loses oder von Hornfäule zersetztes Horn befinden, so sollte dieses vollständig entfernt werden. Innen- und
Aussenklaue sind dabei differenziert zu betrachten.
An der Aussenklaue können geschädigte Hornbereiche an bis zu 2/3 der hinteren Sohlenfläche entfernt werden. Dabei ist das Horn eben und gegebenenfalls
einschliesslich der Tragrandes zurückzuschneiden. Das Herausgraben von Löchern und Rinnen sollte grundsätzlich unterbleiben um keine neuen Angriffspunkte für die Hornfäule zu
liefern.
Grundvoraussetzung für diese Vorgehensweise ist jedoch, dass die Innenklaue eine stützende Funktion im Ballenbereich übernehmen kann. Daher darf bei
der Innenklaue maximal der innere Ballenbereich entfernt werden. Der Tragrand der Innenklaue muss im Gegensatz zur Aussenklaue vollständig erhalten bleiben. Sollte ein vollständiges Abtragen
loser Bereiche dabei an der Innenklaue nicht möglich sein, so kann das toleriert werden, da Hornschädugungen an der Innenklaue im Regelfall nur oberflächlich auftreten.
Weitergehende Behandlungen:
a. Rusterholz’sches Klauengeschwür:
Das Klauengeschwür wird durch ein großzügiges Entfernen allen von der Lederhaut gelösten Horns freigelegt. Dabei ist der komplette Ballenbereich der
Klaue einschließlich des Tragrandes zurückzuschneiden und somit zu entlasten. Um eine zügige Heilung zu gewährleisten muss die betroffene Klauenhälfte entlastet werden. Hierzu kann entweder die
betroffene Klauenhälfte insgesamt tiefer geschnitten werden als die verbleibende Gesunde (meist Innenklaue) oder aber ein Holz-, Kunststoff- bzw. Gummiklotz unter die gesunde Hälfte geklebt
werden.
Kleinere Geschwüre heilen erfahrungsgemäss nach einer Wunddesinfektion spontan und komplikationslos ab. Auf das Anlegen eines Verbandes kann in diesen
Fällen verzichtet werden , wenn der Wundbereich nicht durch spitzes oder scharfkantiges Bodenmaterial an seiner Heilung gehindert wird.
Bei schweren Fällen kann das Herauslösen des gewucherten Lederhautgewebes durch den Auftrag von Salicylsäure oder einer salicylsäurehaltigen Salbe
gefördert werden. Andere Methoden wie das Herausschneiden des Geschwüres haben sich nicht bewährt, da sie zu einer unnötigen Verletzung der Lederhaut führen und somit den Heilungsprozess
verlangsamen.
b. Wandablösungen und Wandabszesse
Abgelöste oder unterminierte Teile der Klauenwand sind vorsichtig soweit abzutragen, bis ein fester Verbund mit der Lederhaut besteht. Anschließend
sollte eine Wunddesinfektion vorgenommen werden.
Bei der Behandlung von Wandablösungen sollte bei eben Laufflächen auf einen Verband verzichtet werden, wenn nicht wenigstens ein dreitägiger
Verbandswechsel sichergestellt werden kann.
c. Erdbeerkrankheit oder Mortellaro’sche Krankheit
Am Beginn der Behandlung steht eine gründliche Wundreinigung. Neben dem anhaftenden Schmutz ist auch das Wundsekret vollständig zu entfernen. Der
Zwischenklauenspalt ist gut zu reinigen um auch Infektionsherde an den Hautfalten des Zwischenklauenspaltes freizulegen. Eine erfolgversprechende Wunddesinfektion erfolgt mit Chlortetracyclin.
Neben dem direkten Wundbereich der sich meist am Kronsaum oder im Ballenbereich befindet, sollte auch der Zwischenklauenspalt eingesprüht werden.
Die Behandlung ist bis zum sichtbaren Beginn der Heilung in dreitägigem Abstand zu wiederholen, wobei normalerweise ein bis drei Behandlungen
ausreichen.